Erster Arbeitstag – und schon im Fernsehen…

Am Mittwochnachmittag erhielt ich einen Anruf aus Lima vom Spitaldirektor Klaus John: die Arztlizenz für mich und den neuen Kinderarzt Simon Then wurde erteilt, jedoch nicht wie vereinbart für 6 Monate sondern leider nur für einen Monat bis zum 3. September. Da bei Diospi Suyana immer mehr COVID-Patienten hospitalisiert werden und aktuell nur 8 Ärzte (davon 4 aus Peru) arbeiten und Dienste machen, werde ich gebraucht. Es wäre gut, wenn ich mich morgen um 8 Uhr zum Dienst melden könnte, sagte er am Telefon. Da man als Missionsarzt ja flexibel und allzeit bereit sein muss sagte ich natürlich ja. Ich will meine Kollegen vorerst bei den Notfalldiensten und der Behandlung von COVID unterstützen, die Chirurgie hat aktuell noch nicht oberste Priorität.

Einführung auf der COVID-Station. Dort lagen gerade 5 Patienten die Sauerstoff benötigen.

Mein erster Arbeitstag begann mit der täglichen «reunion de médicos», anschliessend erhielten Simon und ich eine Einführung auf der COVID-Station. Wir übten das an- und ausziehen der Schutzkleidung (s. Foto) und durften mit Martina John (ärztliche Leitung des Hospitals) auf Visite mitgehen. Es lagen gerade 5 Patienten da, wovon 2 ganz schön um Atem rangen und etwas knapp mit der O2-Sättigung waren. Wir waren gerade dabei ein neues Beatmungsgerät für non-invasive Beatmung zu installieren, da wurde uns mitgeteilt, wir sollten uns sobald wie möglich bei der Administration melden. Es ginge um einen TV-Beitrag für den wir uns filmen lassen sollten. Da das «Colegio medico», also die nationale Ärztekammer, uns die Lizenz nur für 1 statt 6 Monate erteilte, hat sich Klaus John ans Fernsehen gewandt und kann am Nachmittag ein Interview für die Abend-News geben. Der TV-Kanal (Panamericana TV, Canal 5) wollte für den Beitrag auch ein paar Bilder vom Spital und am besten gleich von den zwei neuen Ärzten aus der Schweiz und Deutschland. Also gingen Simon und ich mit dem hauseigenen Kamerateam und dem nächstbesten Patienten (s. Foto) in die «consulta» (Sprechstunde). Tatsächlich kamen ein paar kurze Ausschnitte von den Aufnahmen am Abend auf Canal 5 in den News (siehe 1. Video).

Mein erster Patient in der Consulta.

Im News-Beitrag wurde die bürokratische Trägheit und die nicht erfüllten Versprechen der Ärztekammer angeprangert. Und der Schritt an die Öffentlichkeit zeigte auch sofort Wirkung. Noch bevor, das Interview am Abend ausgestrahlt wurde, sicherte der Dekan des colegio medico die Lizenzen für 6 Monate inklusive möglicher Verlängerung um nochmal 6 Monate zu. Also so wie eigentlich bereits vor einem Monat versprochen. Am Tag darauf brachte der TV-Sender dann noch einen zweiten Beitrag in welchem über den Erfolg der Medien-Aktion berichtet wurde (siehe 2. Video).

Claudia hatte am gleichen Tag ein Gespräch mit ihrem neuen Chef dem Schuldirektor Christian Bigalke und wird nächsten Dienstag 11.08. am Colegio mit einer Einführungszeit anfangen. Sie wird voraussichtlich 3 Tage pro Woche arbeiten und die Leitung des Kindergartens übernehmen. Dort gibt es aktuell vier Kindergärtnerinnen mit jeweils einer Gruppe. Unseren Kindern gehts soweit gut, Samuel findet neue Freunde und Nathan spricht seine ersten Worte «Mama» und «Papa» und klettert überall hoch wo er kann.

Newsletter Nr. 3 – Ausgewandert!

Liebe Freunde,
es war 05:30 Uhr als wir am 1. Juli mit dem geliehenen VW-Bus am Flughafen Amsterdam Schiphol eintrafen. Die Fahrt durch die Nacht ging gut, wenig Verkehr, zwei schlafende Kinder auf der Rückbank und zwei wache Fahrer im Cockpit. Ein bisschen komisch war das Gefühl schon, ohne Tickets oder irgendetwas Schriftliches an den Flughafen zu kommen. Wir wussten nur, dass uns um 9 Uhr ein humanitärer Flug von KLM nach Lima bringen sollte. Dies wurde uns vom Missionsleiter Klaus John per Telefon mitgeteilt. Der peruanische Botschafter in Berlin und das peruanische Aussenministerium hätten alles organisiert. Für uns, sowie eine weitere Ärztefamilie, eine Krankenschwester und das Ehepaar John, seien 12 Sitzplätze reserviert.
Am Flughafen in Amsterdam
Unsere ehrenamtlichen Fahrer Diego und Refael halfen uns nach der langen Fahrt auch noch mit dem Gepäck. 10 Koffer wurden auf 4 Gepäckwagen geladen und wir marschierten mit Mundschutz in Richtung KLM-Counter. Am Check-in wies man uns ab, wir müssten zuerst am KLM-Shop ein Ticket kaufen. Dort zeigte ich unsere Pässe und erzählte vom Botschafter. Die Dame ging mit den Pässen ins Backoffice und kam mit einem Lächeln zurück. «You are on the list.» Das tönt doch gut. Ich bezahlte die Tickets, 770.- Euro pro Person plus 4 x 100.- Euro für die zusätzlichen Koffer. Nun gab es ein IT-Problem: Der Computer wollte uns nicht auf den Flug setzen, da wir als Ausländer aktuell keine Berechtigung haben nach Peru einzureisen. Die Dame telefonierte rum doch es dauerte alles zu lange, ich wurde ungeduldig und verlangte unsere Pässe zurück um es am Check-in Schalter zu versuchen. Dort die gleiche Antwort, es musste irgendein Vorgesetzter bestätigen, dass wir wirklich auf dieser Liste der peruanischen Regierung sind und wirklich reisen durften. Nach etwas Überzeugungsarbeit mit Hilfe von Dr. John klappte es dann. Wir gaben über 200kg Gepäck auf und machten uns mit den Tickets auf den Weg zum Gate. Als wir dort um 08:20 Uhr ankamen lief bereits das Boarding und mit Kindern durften wir sofort einsteigen. Ausser den Gesichtsmasken war es ein ganz gewöhnlicher Flug. Das gute Unterhaltungsprogramm und genügend Snacks sorgten dafür, dass wir trotz zwei kleinen Kindern die 12-stündige Reise ganz angenehm verbrachten.
Entspannter 12-Stunden Flug.
Wir landeten um 15 Uhr Ortszeit auf einem Militärflughafen in Lima. Von einem Mitreisenden wurde uns gesagt, dass alle Passagiere in ein Hotel gebracht würden wo man einige Tage Quarantäne halten müsste. Mit Bussen wurden wir vom Rollfeld zu einem grossen Zelt gebracht, dort wurde Temperatur gemessen und ein Fragebogen zu COVID-Symptomen ausgefüllt. Als die Dame von der Migrationsbehörde unsere Pässe anschaute sagte sie: „Sie sind Schweizer? Sie dürfen aktuell nicht nach Peru einreisen.“ Ich erzählte ihr dass wir als Ärzte für Diospi Suyana kommen und auf einer speziellen Liste stehen, Klaus John war gerade in der Nähe und zeigte ihr den Brief vom Premierminister. Sie verschwand daraufhin mit unseren Pässen in einem Gebäude und als sie wiederkam hatten wir einen Einreisestempel mit 90 Tagen! Und nicht nur das, wir erhielten auch die Möglichkeit direkt am Flughafen einen Antikörper-Schnelltest zu machen. Dieser war bei allen 12 negativ und wir mussten daher nicht ins Quarantäne-Hotel, sondern durften in unser privates Domizil. Alle anderen Passagiere mussten wieder in die Busse einsteigen und wurden in die Hotels gebracht. Wir waren sehr dankbar über diese Sonderbehandlung, auch wenn das ganze 5 Stunden dauerte. Es war bereits dunkel und wurde kalt und die Kinder weinten vor Müdigkeit nach der langen Reise inklusive Jetlag. Wir zwängten uns mit 30 Koffer in einen 16-Plätzer und fuhren todmüde aber überglücklich ins Gästehaus auf der anderen Seite der Stadt.
Auf dem Rollfeld des Militärflughafen Lima.
Ankunft in Lima
Temperaturmessung, Fragebogen und Migrationsbehörde auf Plastikstühlen im Zelt.
Nach negativem Antikörper-Schnelltest durften wir gehen. 30 Koffer und 12 Leute in einem 16-Plätzer.
Die Tage im wunderschönen und grosszügigen Gästehaus waren dringend notwendig um uns auszuruhen und den ganzen Reisestress zu verarbeiten. Die Kinder konnten miteinander im grossen Wohnzimmer und im Garten spielen. Samuel fand seinen ersten peruanischen amigo Matteo, der Sohn vom Gästehaus-Bewirtschafter (s. Foto). Am 7.7. feierten wir Nathans 1. Geburtstag und alle waren gesund und munter. Da es noch keine Inlandflüge gab, planten wir unsere Weiterreise nach Curahuasi mit einem Bus. Es war schon ein kleines Wunder, dass Doris Manco, die Leiterin vom Diospi-Medienzentrum, einen 32-Plätzer-Reisebus (wegen den vielen Koffern) für einen sehr günstigen Preis organisieren konnte. Denn die Departamentsgrenzen waren erst seit ein paar Tagen wieder offen und es gab noch so gut wie keinen Fernreiseverkehr.
Im Gästehaus in Lima: Samuel’s erster peruanischer Freund Matteo.
Nathan’s erster Geburtstag am 07.07. mit Torte «Selva negra»
Im Garten des Gästehauses.
Am Donnerstag 9. Juli um 4 Uhr ging es los. Die 30 Koffer waren rasch verstaut im grossen Gepäckraum und jeder Passagier hatte mindestens zwei Sitzplätze wenn nicht eine ganze Reihe für sich. Anstrengend war es trotzdem: 19 Stunden im Bus, 960km welche fast nur aus Kurven bestanden und mehrere längere Abschnitte auf über 4000m Höhe. Die Landschaft aber wunderschön, kalte Bergseen und grosse Herden von Alpacas, Lamas und Vicuñas. Um 23 Uhr waren wir in Curahuasi und luden unser Gepäck auf einen Pick-up, weil der Bus nicht bis zu unserem Haus hochfahren kann. Die Strasse vor unserem Haus ist nämlich steil und ähnelt einem Bachbett.  Wir waren so glücklich endlich angekommen zu sein und freuten uns riesig darüber, dass unser neues Zuhause von den Vorgängern bereits sehr gut eingerichtet war.
Bereits ein paar Stunden unterwegs im komfortablen Bus.
Auf einer Hochebene auf ca. 4’500m Höhe.
Endlich in Curahuasi angekommen. Vor dem letzten steilen Stück wird das Gepäck noch mit Spanngurt gesichert.
Jetzt sind wir bereits über eine Woche hier und fühlen uns sehr wohl in unserer Wohnung. Wir haben schon einige andere Diospi-Missionare kennengelernt und wurden sehr herzlich willkommen geheissen. Die letzten Tage habe ich damit verbracht alle Dokumente zusammenzustellen um meine Arztlizenz zu beantragen. Die Dossiers sind nun fertig und Klaus John bringt sie in den nächsten Tagen nach Lima. Während unserem Aufenthalt in Lima konnte er sich mit dem Dekan der nationalen Ärztekammer treffen und dieser hat für neu ankommende Diospi-Ärzte die Erteilung einer temporären Lizenz für 6 Monate mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung versprochen. Die definitive und unbefristete Lizenz werden wir auch gleich versuchen zu beantragen, obwohl hier im Moment noch nicht klar ist ob und wie das klappen wird. Claudia wird ab dem 10. August in der Schule anfangen, nach einem Monat Einarbeitungszeit wird sie im September die Leitung des Kindergartens übernehmen. Dort arbeiten aktuell 4 Kindergärtnerinnen mit je einer Gruppe. Ich werde voraussichtlich am 1. September die Arbeit am Spital aufnehmen, sofern ich bis dann die temporäre Lizenz habe. Die chirurgischen Fachgebiete werden momentan, von einer Viszeralchirurgin, einem Gefässchirurgen und einem Urologen abgedeckt. Da die Traumatologie aktuell vakant ist, werde ich mich vorerst damit beschäftigen. Die Zeit bis zum 1. September werde ich nutzen um mich auf die Arbeit vorzubereiten, insbesondere auch um das Inventar an Implantaten zur Frakturversorgung im Spital kennenzulernen.

Wir grüssen Euch herzlich aus dem sonnigen Curahuasi und möchten allen ganz herzlich danken für die Unterstützung mit Spenden und Gebeten!

Eure Familie Steffen
Vor unserem neuen Zuhause.
Aussicht von unserer Dachterasse.

Die Ausreise

Wir haben es geschafft! Nach einer langen Reise sind wir wohl behütet in Peru angekommen. Wir sind am 30. Juni abends von zu Hause losgefahren mit einem VW-Bus vollgepackt mit Koffern und Kindern. Unsere Freunde Diego und Refael haben uns sicher durch die Nacht nach Amsterdam gefahren. Nach etwas Wartezeit und Überzeugunsarbeit am Schalter der KLM, konnten wir dann auch unsere Tickets kaufen und unsere Koffer aufgeben. Mit an Board der Boeing 777 waren viele Peruaner und auch die Diospi Suyana Gründer Klaus und Martina John, eine Krankenschwester und eine weitere Ärztefamilie mit drei Kindern aus Deutschland. Der Flug verlief planmässig und wir landeten nach 12 Stunden auf einem Militärflughafen in Lima. Mit Bussen wurden wir vom Rollfeld zu einem grossen Zelt gebracht. Dort wurde Fieber gemessen und wir mussten Fragebögen ausfüllen. Unsere Pässe wurden kontrolliert und nur weil wir auf einer Liste des Gesundheitsministers waren wurde uns die Einreise gewährt. Alle Passagiere wurden dann mit Bussen in Hotels gebracht und mussten dort in Quarantäne gehen. Gott sei Dank waren Klaus und Martina mit uns und hatten ein Schreiben des Gesundheitsministers dabei. Damit war für uns eine Ausnahme möglich und wir durften noch am Militärflughafen einen Antikörper Schnelltest machen. Dieser war negativ und somit wurde uns erlaubt ins Diospi Suyana Gästehaus in Lima zu gehen. Das Ganze hat jedoch etwa 5 Stunden in Anspruch genommen, es wurde bereits dunkel und kalt, wir waren übermüdet und unsere Kinder haben viel geweint. Mit unzähligen Koffern haben wir uns alle in einen Taxi-Bus gepfercht und sind um ca. 21 Uhr Lokalzeit im Gästehaus angekommen. Wir sind sehr froh mussten wir nicht ins Quarantäne-Hotel. Das Gästehaus ist sehr schön und hat viel Platz für die Kinder. Wir haben alle gemeinsam gefrühstückt und jetzt spielen Samuel und Nathan bereits fröhlich mit Luise, Agnes und Susanne, den drei Mädchen der Familie Then.

Update: Auswandern in Coronazeiten

Liebe Freunde,

in unserem letzten Newsletter haben wir berichtet, dass sich eine Möglichkeit aufgetan hat, wie wir trotz geschlossenen Grenzen evtl. doch schon früher nach Peru reisen könnten. Mit Gottes Hilfe scheint dies jetzt tatsächlich Realität zu werden. Wir wurden von der Peruanischen Regierung auf einen humanitären Sonderflug gesetzt, welcher uns nächsten Mittwoch 01. Juli 2020 um 09:00 Uhr zusammen mit einer anderen Ärztefamilie, einer Krankenschwester und den Diospi-Suyana-Gründern Klaus und Martina John von Amsterdam nach Lima bringen soll.

Ich habe also meinen Job wieder gekündigt und wir bereiten uns schleunigst auf die Ausreise nächste Woche vor. Auf der Einwohnergemeinde haben wir uns bereits abgemeldet und die meisten Koffer sind gepackt. Heute Morgen waren wir in Winterthur bei der SMG und haben dort unsere Anstellungsverträge unterzeichnet. Wir sind dankbar, haben wir mit der SMG einen verlässlichen Partner in der Heimat und können auf viel Unterstützung und Erfahrung zurückgreifen, sie betreuen zur Zeit immerhin über 200 Mitarbeiter auf der ganzen Welt verteilt.
Letzte Woche konnten wir noch einen wunderschönen Urlaub zusammen mit der Familie Bosshard in Tenero am Lago Maggiore geniessen. Wir sind schön braun geworden (s. Foto) und die Kinder hatten einen Riesenspass am schönen Sandstrand, im Pool und auf den Spielplätzen. Gleich nach unserer Heimreise wurden wir auch noch gebührend von unserer Heimatgemeinde dem ICF Basel im Sonntagsgottesdienst verabschiedet. Wir konnten von unserem Vorhaben und unserer Motivation berichten und wurden mit Gebeten und einer Spendensammlung nach Peru «entlassen». Es waren sehr berührende Momente und wir werden unsere Gemeinde sehr vermissen. Wer möchte, kann den Gottesdienst auf youtube noch anschauen. Generell ist Auswandern mit einem Wechselbad der Gefühle verbunden, Wehmut und Abschied wechseln sich ab mit Aufregung und Vorfreude. Doch das Schönste für uns ist, dass wir uns in dem ganzen Prozess in Gottes Händen geborgen zu fühlen.
Morgen Samstag ab 16:00 Uhr findet in Basel in der Lehenmatthalle (Lehenmattstrasse 353) unser Abschieds-Apéro statt. Für kulinarische Verwöhnung wird Tobias Röthlisberger sorgen und um ca. 17 Uhr gibt es von uns noch einen Vortrag zu unserem Projekt. Es wird wahrscheinlich die letzte Möglichkeit sein, sich noch persönlich zu verabschieden. Wir bitten um eine kurze Anmeldung per Mail oder Whatsapp, man darf aber auch spontan vorbei kommen.

Den nächsten Newsletter senden wir Euch hoffentlich bereits aus Peru!

Eure Familie Steffen

Newsletter Nr. 2 – Auswandern in Coronazeiten

Liebe Freunde,

heute am 10. Juni 2020 würden wir eigentlich im Flugzeug sitzen und nach Südamerika auswandern. Wenn da nicht dieses neue Coronavirus wäre. Der Flug wurde annulliert, die durchführende Fluglinie Avianca meldete Konkurs an und die Grenzen von Peru sind weiterhin geschlossen und sogar für Peruaner ist es momentan schwierig in ihr Land zu gelangen. Die Zahl der positiv getesteten steigt täglich um mehrere Tausend und hat heute die 200’000 überschritten (s. Grafik). Somit liegt Peru auf Platz 8 im internationalen Vergleich. Die bereits früh (am 11. März) verhängte und sehr streng kontrollierte Quarantäne hat leider nicht das erhoffte Ergebnis gebracht. Da etwa 70% der Peruaner informell arbeiten, sind viele aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation schlicht dazu gezwungen ihr Haus zu verlassen um etwas Geld zu verdienen. 

Wir rechnen damit, dass Peru seine Grenzen frühestens im August oder September wieder öffnen wird, so wie es andere lateinamerikanische Länder (u.a. auch Kolumbien) bereits angekündigt haben. Wir haben daher auch unseren Besuch bei Claudias Familie in Kolumbien abgesagt und wollen lieber direkt nach Peru reisen. Um nicht zu riskieren, dass ich jetzt mehrere Monate lang ohne Arbeit bleibe, habe ich mich wieder bei meinem ehemaligen Chef gemeldet. Prof. Rosenberg ist mir sehr verständnisvoll entgegengekommen und hat mich sofort und auch noch mit flexiblen Kündigungsbedingungen wieder eingestellt. Ich arbeite jetzt im Juni Teilzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und ab Juli könnte ich wieder als Oberarzt arbeiten. Falls sich aber doch noch früher eine Reisemöglichkeit ergibt, wäre ich jederzeit frei zu kündigen…

Seit unserem letzten Newsletter vor zwei Monaten ist einiges passiert: ich hatte am 8. Mai meinen letzten Arbeitstag im Spital und mich von meinen Arbeitskollegen verabschiedet. Die restlichen 3 Mai-Wochen waren wir zu Hause und haben die Vorbereitungen für die Ausreise vorangetrieben: unter anderem viel Papierkram für die Diplomanerkennung und den Visumantrag. Wegen meiner Arbeit im Corona-Referenzspital, durfte ich ein TV-Interview für die SRF-Sendung Fenster zum Sonntag geben, welches am 02. Mai ausgestrahlt wurde (online noch abrufbar). Am 22. Mai hatten wir den ganzen Tag ein Filmteam vom deutsch-französischen Sender ARTE bei uns. Sie werden uns im Herbst nochmal in Peru besuchen und dann im November eine 30-minütige Doku über uns und Diospi Suyana auf ARTE und auf SWR ausstrahlen.

Das Zusammenleben im gleichen Haushalt mit meinem Vater funktioniert weiterhin gut. Wir sind ihm sehr dankbar, dass wir gratis bei ihm wohnen dürfen und so viel Platz im Haus und Garten geniessen dürfen. Samuel geht dreimal pro Woche in die Spielgruppe in Diegten und er freut sich jedesmal riesig. Er fragt auch inzwischen fast täglich wann wir denn nach Peru gehen. Der kleine Nathan ist einfach zuckersüsss, er wird am 7. Juli ein Jahr alt und macht in seiner Entwicklung grosse Fortschritte. Das Durchschlafen gehört leider noch nicht dazu… Gute Neuigkeiten sind auch, dass der Einbürgerungsantrag von Claudia bewilligt wurde und sie jetzt kurz vor unserer Ausreise noch Schweizer Bürgerin geworden ist.

Vorgestern am späten Abend, ruft mich der Krankenhausdirektor und Gründer von Diospi Suyana Dr. Klaus John aus Peru an. Er war gerade vier Tage in Lima und hat sich dort mit hochrangigen Politikern getroffen. Das Land brauche dringend Ärzte und möglicherweise öffnet sich hier eine Tür für uns, um doch früher ins Land zu kommen. Auch das Erlangen einer Arztlizenz (sonst ein sehr mühsamer und langwieriger Prozess) könnte in der aktuellen Corona-Situation deutlich beschleunigt werden. Falls es klappt, können wir evtl. bereits Ende Juni mit einem «humanitären» Flug nach Peru einreisen.

Auch Claudia wird in der Diospi Suyana Schule dringend gebraucht. Da die Regierung beschlossen hat, die Schulen landesweit nicht vor Jahresende wieder zu öffnen, musste mit viel Aufwand ein Fernschulprogramm auf die Beine gestellt werden, damit die Schüler das Schuljahr abschliessen können. Dieses Programm wurde von der Regionalregierung abgesegnet und die Umsetzung erfordert jetzt vollen Einsatz von den Lehrern.  

Unsere Situation ist also im Moment sehr herausfordernd, da wir nicht wissen ob wir bereits in zwei Wochen oder doch erst in zwei Monaten auswandern werden. Wir versuchen uns so gut wie möglich auf beide Szenarien vorzubereiten: Koffer packen, Versicherungen kündigen, Auto verkaufen, uns verabschieden, usw… Was uns sehr motiviert sind die vielen Spendenzusagen, welche wir erhalten haben! Es sind bis jetzt knapp 80% von unserem monatlichen Budget gedeckt. Wir danken allen Unterstützern von ganzem Herzen!

Am Sonntag 21. Juni werden wir in unserer Heimatgemeinde ICF Basel offiziell im Gottesdienst verabschiedet (10:30 Uhr und 19:00 Uhr). Man muss einige Tage im Voraus auf der Homepage einen Sitzplatz reservieren oder man kann den Gottesdienst im Livestream verfolgen.

Vorausgesetzt, dass wir dann noch hier sind, würden wir gerne am Samstagnachmittag 27. Juni ein Abschiedsfest veranstalten. Weitere Infos folgen. Es wäre schön, wenn wir uns noch von möglichst Vielen persönlich verabschieden könnten. 

Wir werden Euch auf dem Laufenden halten in dieser spannenden Zeit und senden Euch allen herzliche Grüsse!

Eure Familie Steffen

Update Ausreise und TV-Interview

Liebe Freunde, aufgrund der Corona-Pandemie scheint es nicht mehr realistisch, dass wir bereits im Juni ausreisen können. Wir haben uns deshalb entschieden die Ausreise vorläufig mal auf Juli zu verschieben und sind uns bewusst, dass es evtl. auch noch später werden könnte. Weiterhin haben wir den Besuch in Kolumbien bei Claudias Familie abgesagt und auf Ende Jahr oder nächstes Jahr verschoben. So planen wir direkt nach Peru zu fliegen ohne Umweg über Kolumbien. Wir hoffen, dass die Ausbreitung des Virus in Peru bald eingedämmt werden kann und so die Grenzen im Juli wieder geöffnet werden können.

Die Verschiebung unserer Ausreise gibt uns eventuell doch noch die Möglichkeit ein Abschieds-Event im kleineren Rahmen zu veranstalten. Falls die Infektionszahlen weiter zurückgehen und der Bundesrat ab dem 8. Juni das Versammlungsverbot lockert und die erlaubte maximale Gruppengrösse z.B. auf 20 oder sogar 50 Personen anhebt, würden wir ein Abschiedsfest z.B. in einer Waldhütte in Erwägung ziehen. Dies ist aber noch nicht definitiv und es bleibt abzuwarten wie sich die Infektionszahlen entwickeln.

In der Sendung «Fenster zum Sonntag» wird am Samstag 2.5. um 16:40 Uhr (SRF1) oder Sonntag 3.5. um 11:40 Uhr (SRF2) ein kurzes TV-Interview mit mir über meine Arbeit mit Corona-Patienten im Bruderholzspital zu sehen sein. Man kann die Sendung nachher auch online auf SRF Play oder www.sonntag.ch oder youtube ansehen (ab 16:21 min).

TV-Interview am Bruderholzsspital für die Sendung «Fenster zum Sonntag»

Frohe Ostern!

Liebe Freunde,

wir möchten Euch allen von ganzem Herzen frohe Ostern wünschen und Euch bei dieser Gelegenheit ein Update über unser Projekt geben. 

Trotz der aktuellen Corona-Pandemie, halten wir an unserem Vorhaben fest und haben bis jetzt unsere Ausreise noch nicht verschoben. Falls die Grenzen bis dann wieder offen sind, planen wir am 10. Juni von Zürich über Madrid nach Bogota zu fliegen um in Kolumbien Claudia’s Familie zu besuchen. Im Juli wollen wir dann von dort aus nach Peru weiterreisen um Anfang August mit der Arbeit bei Diospi Suyana zu beginnen.

Die Arbeitsstelle auf der Chirurgie in Liestal ist auf Ende Mai gekündigt und wie es im Moment aussieht, wäre auch keine Verlängerung möglich, da die Stelle bereits neu besetzt ist. Unsere Wohnung in Münchenstein haben wir bereits Ende Januar aufgegeben und wohnen seither vorübergehend bei Lukas› Vater in Diegten, welcher in seinem Haus viel Platz für uns hat. Wir konnten uns hier bereits gut einrichten und das Zusammenleben läuft gut. Samuel und Nathan geniessen den Garten und die letzten zwei Nächte durfte Sämi dort sogar mit seinem Papa im Zelt schlafen («Quarantäne-Camping» siehe Foto).

Bei der Arbeit gibt es momentan nicht viel zu tun, da alle nicht dringend notwendigen Operationen und Sprechstunden abgesagt sind. Daher arbeite ich momentan auf der Notfallstation des Corona-Referenzspitals Bruderholz, wo nur COVID-Patienten oder Verdachtsfälle behandelt werden. Die Lage dort ist gut kompensiert, die Anzahl Patienten hat bereits wieder abgenommen und es ist vorallem die Intensivstation, welche weiterhin viel zu tun hat.

Wir hoffen und beten für die Lage in Peru und Kolumbien. Wir wissen, wie schnell das Gesundheitssystem in diesen Ländern an seine Grenzen kommt und auch wie sehr die in Armut lebende Bevölkerung bereits unter der Ausgangssperre leidet. Die meisten Leute arbeiten im informellen Sektor und haben kein festes Einkommen. Die Quarantäne wird sehr strikt durchgesetzt, mit viel Polizei- und Militärpräsenz in den Strassen. Um so länger diese also dauert um so mehr Menschen werden ans Existenzminimum gedrückt, was wiederum zu sozialen Unruhen führen könnte. Im Spital von Diospi Suyana gibt es bisher noch keine COVID-Patienten, die Vorbereitungen laufen jedoch auf Hochtouren (hier die aktuellen News). Wir denken, dass die Not im Land durch diese Corona-Krise kurz- und mittelfristig sicher zunehmen wird. Dies motiviert uns um so mehr für unseren Einsatz dort.

Was uns natürlich auch sehr motiviert, sind die vielen Unterstützer in der Heimat, die an unser Projekt glauben und dies finanziell erst überhaupt möglich machen. Die bisher eingegangenen Spendenzusagen decken bereits etwa 40% des benötigten Monatsbudgets. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Sponsoren bedanken. Unser Einsatz in Peru wird komplett über Spenden finanziert und wir sind für das Fundraising selbst verantwortlich. Die Spenden laufen über die SMG in Winterthur, dies ermöglicht uns Einzahlungen in die Altersvorsorge und den Spendern ermöglicht es den Steuerabzug. Um ausreisen zu können, benötigen wir Spendenzusagen von mind. 80% des Budgets. Wer uns unterstützen will bitte hier klicken.

Wir hoffen, dass wir so viele wie möglich vor unserer Ausreise noch persönlich treffen können. Den geplanten Info-Event müssen wir wohl leider absagen und auch für ein Abschiedsfest sieht es momentan schlecht aus. Gerne werden wir Euch über weitere Newsletter sowie unsere website auf dem Laufenden halten. 

Seid herzlich gegrüsst und bleibt gesund

Eure Steffens

Jetzt wird’s ernst!

Unsere Wohnung haben wir bereits Ende Januar verlassen, viele Möbel haben wir verkauft und wohnen jetzt bis zur Ausreise noch bei meinem Vater. Meine Kündigung habe ich jetzt auch schriftlich beim Chef abgegeben. Jetzt gilt’s ernst! Ab Ende Mai werden wir kein festes Einkommen mehr haben. Wir hoffen, dass wir genügend Unterstützer finden um nur von Spenden leben zu können. Die Flüge sind gebucht. Am 10. Juni geht’s los. Uns erwarten viele Unsicherheiten. Aber was bedeutet schon Sicherheit? Als Schweizer hat man enorm viel Sicherheit. Oder ist das nur ein Gefühl? Man könnte sagen unser Vorhaben ist verrückt. Manche denken das vielleicht auch. Alles aufgeben was wir in der schönen und sicheren Schweiz haben dürfen. Und dann noch mit zwei kleinen Kindern. Wozu das Ganze? Um wildfremden Menschen in einem weit entfernten Teil der Erde zu helfen? Was motiviert uns dazu? Wir glauben, dass Gott alle Menschen liebt. Trotz unseren Fehlern, trotz all unseren Schwächen. Wir glauben auch, dass Gottes Herz zerbricht an dem Leid in dieser Welt. Und wir glauben, dass Gott uns persönlich dazu berufen hat, etwas gegen diese Not zu tun und den Menschen in dieser Bergregion in Peru zu helfen.

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