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Newsletter Nr. 6 von Familie Steffen 08/2021 |
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Liebe Freunde,
wir leben jetzt bereits seit über einem Jahr in Peru! Es ist unglaublich wie schnell dieses Jahr vergangen ist. Die meiste Zeit fühlen wir uns sehr wohl hier, klar haben wir manchmal Heimweh und vermissen unsere Freunde und Familien. Eine der grössten Herausforderungen ist und bleibt es aber in der hiesigen Kultur zurecht zu kommen. Es gibt viele Umstände hier, welche für uns nur schwer zu begreifen sin. Doch jedes Mal wenn Frust aufkommt, erinnern wir uns daran, dass wir ja genau deshalb hier her gekommen sind. Wenn in Peru alles so toll funktionieren würde wie in der Schweiz, dann bräuchte es hier kein Missionskrankenhaus. Jedes Mal wenn ich am Morgen durch den gefüllten Wartesaal im Hospital gehe und in die mit Hoffnung erfüllten Gesichter der armen Menschen schaue, überkommt mich wieder ein starker Motivationsschub. Es ist immer wieder erschreckend wie schlecht die Menschen hier im öffentlichen Gesundheitswesen behandelt werden. |
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Bild: Geduldige Patienten im Wartesaal. |
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Bild: Mit einer Grillade feierten wir das 1-Jahres Jubiläum mit Familie Then und Ehepaar John mit welchen wir am 1. Juli 2020 nach Peru geflogen sind. |
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Die letzten Monate waren sehr streng bei der Arbeit. Die öffentlichen Pandemie-Beschränkungen wurden mehr und mehr gelockert und so kommen auch wieder mehr Patienten ins Hospital. Es ist daher eine grosse Erleichterung für mich, dass mein Kollege Dr. Fritz Meiswinkel Anfang Juli seine Arbeit als Unfallchirurg aufgenommen hat. Ich war jetzt ein Jahr lang 24/7 für die Unfallchirurgie zuständig und bin froh, dass wir diese Last jetzt zwischen uns aufteilen können. Fritz hat auch 10 Jahre mehr Berufserfahrung und so kann ich ihn bei schwierigen Entscheidungen um Rat fragen. Ich werde mich von nun an neben der Traumatologie auch in der Viszeralchirurgie engagieren und meine Kollegin Olga Koop unterstützen. Nach aktuellsten Plänen, wird Olga voraussichtlich nächstes Jahr wieder nach Deutschland heimkehren und ich würde mich ab dann komplett um die Viszeralchirurgie kümmern. |
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Bild: Zufriendener Patient nach einer grösseren Operation (Femur-Pseudarthrose) |
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Bild: Ich freue mich über die Unterstützung durch meinen neuen Kollegen Fritz Meiswinkel (2. v.l.) |
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Bezüglich COVID hatten wir bis Mitte Juli während mehreren Monaten ständig auch Patienten intubiert auf der Intensivstation liegen. Die ärztliche Leitung bei der Intensivbehandlung hatte der Notarzt Benjamin Zeier zusammen mit Martina John. Ich bewundere die beiden, wie sie monatelang sehr viel Verantwortung getragen haben. Der Gefässchirurg Thomas Tielmann und ich haben beide auch etwas Erfahrung in der Intensivmedizin und konnten so mit regelmässigen Nachtdiensten etwas Unterstützung anbieten. |
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Bild: Benjamin Zeier und ich bei der Dienstübergabe auf der COVID-Intensivstation. |
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Claudia's Arbeit an der Schule |
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Im Gegensatz zu Europa haben in Peru die Schulen leider immer noch geschlossen. Das virtuelle Schulprogramm aufrecht zu erhalten erfordert weiterhin sehr viel Zeit und Energie. Claudia gefällt jedoch die Arbeit weiterhin gut und auch die zwischenmenschlichen Herausforderungen als Teamleiterin meistert sie mit Gottes Hilfe sehr gut. Wie es aktuell aussieht, besteht grosse Hoffnung, dass übernächste Woche der Präsenzunterricht zumindest teilweise wieder aufgenommen werden kann. Diese "clases semi-presenciales" sind mit maximal 8 Schülern im Klassenzimmer und den anderen am Bildschirm geplant. Mit einem Rotationssystem sollen aber alle Schüler einer Klasse gleich viel Präsenzunterricht erhalten. Wir sind gespannt und hoffen, dass alles vom Bildungsministerium genehmigt wird.
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Bild: Claudia mit ihrem Team an einer internen Schulung. |
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Bild: Elternabend im Kindergarten. |
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Schwierige Themen: Hausbau und Politik |
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Im letzten Rundbrief haben wir darüber geschrieben, dass wir hier in Curahuasi ein Haus bauen wollen. Aus verschiedenen Gründen haben wir uns nun aber dazu entschieden nicht auf dem vor sechs Jahren gekauften Grundstück zu bauen. Wir haben also das alte Grundstück an das Waisenhaus ALMA zurück verkauft und wollen mit dem Geld nun ein neues Grundstück nur 100 Meter weiter an der selben Strasse kaufen. Der Kaufpreis ist gut und wir waren bereits mit der Verkäuferin in die Provinzhauptstadt zum Notar gefahren um den Kauf abzuwickeln. Dort stellte sich jedoch heraus, dass die Verkäuferin eine sehr hohe Steuer von 30% des Verkaufspreises bezahlen müsste. Um dies zu vermeiden, möchte sie uns das Grundstück als Schenkung überschreiben und die Bezahlung unter der Hand in Bargeld abwickeln. Da es sich bei diesem Geschäft aber um eine legale Grauzone und eigentlich um eine Steuerhinterziehung handeln würde, haben wir dies abgelehnt. Der Grund für die hohe Steuer ist, dass eine Privatperson in Peru pro Kalenderjahr maximal nur drei Grundstücke regulär verkaufen kann. Ab dem vierten Verkauf gilt dies als Immobilienhandel und wird deutlich höher besteuert. Nun warten wir das kommende Kalenderjahr ab und würden dann im Januar den Kauf korrekt und legal vornehmen. Aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen im Land, sind wir jedoch etwas unsicher geworden ob wir überhaupt eine solche Investition hier tätigen wollen. Der neue Staatspräsident Pedro Castillo und seine Partei Peru Libre wollen ein ziemlich radikal kommunistisches Programm umsetzen. Im Moment weiss niemand genau wie viel Kommunismus in den nächsten Jahren auf Peru zukommen wird, die ersten Anzeichen malen jedoch leider ein düsteres Bild. Je nachdem wie sich dies in den nächsten Monaten entwickelt, würden wir eventuell auch ganz von einem Grundstückskauf hier absehen. |
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Bild: Der neue Staatspräsident Pedro Castillo. Er stammt aus einfachen Verhältnissen und hatte bisher noch nie ein politisches Amt inne. Seine Partei Peru Libre bezeichnet sich selbst als marxistisch-leninistisch und sieht Staaten wie Kuba und Venezuela als Vorbilder an... |
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Seit einigen Wochen kann Samuel zwei Mal pro Woche für vier Stunden in den "inoffiziellen" Kindergarten. Dieser wird von einer ehemaligen Diospi-Kindergärtnerin für 3-5 jährige Kinder der Diospi Suyana Mitarbeiter intern angeboten. Sämi macht dort meistens gut mit uns wir freuen uns über die sozialen Kontakte die er dort haben kann.
Anfang Juni konnten wir als Familie 10 Tage Urlaub am Meer in Mancora verbringen. Wir haben es trotz den nicht all zu warmen Temperaturen sehr genossen und die Zeit als Familie weg vom Alltag hat uns sehr gut getan. Ich konnte während diesen Ferien auch noch das peruanische Staatsexamen für Ärzte per Internet absolvieren. Damit habe ich nun die unbefristete Zulassung um in Peru als Arzt zu praktizieren und wir sind nun dabei auch mein Facharztdiplom noch anerkennen zu lassen.
Claudia trifft sich einmal pro Woche mit anderen Frauen zum Gebet und macht ab und zu Ausflüge in einer Frauengruppe nach Cusco oder zu einem schönen Bergsee. Sie macht auch noch pädagogische Weiterbildungen mittels Online-Kursen jeweils an einem Abend pro Woche.
Lukas ist fasziniert von der hohen Bergwelt hier und besteigt gerne mal an einem freien Wochenende die Schneegipfel in der Umgebung. Gemäss Recherchen war ein über 5'300m hoher Gipfel sogar eine Erstbesteigung die wir hoffentlich publizieren können. |
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Bild: Samuel (hellblau, Mitte) im Sportunterricht. |
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Bild: Claudia an der Laguna Humantay auf 4'300m.ü.M. |
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Bild v.l.n.r.: Matthias Rehder, Tobias Lächele, ich und der Bergführer Nathan Heald. Im Hintergrund der am Vortag bestiegene Nevado Ausangate (6'384m.ü.M.) |
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Ende Juni ist in Curahuasi etwas Schreckliches geschehen. Eine 45-jährige Mutter wurde ganz in der Nähe des Hospitals sehr wahrscheinlich vergewaltigt und ermordet. Zwei Mitarbeiterinnen von Diospi haben die Frau noch schwach atmend am Wegrand vorgefunden, doch die 40-minütige Reanimation in unserer Notfallstation blieb leider erfolglos. Die Frau hinterlässt sieben Vollwaisen im Alter zwischen 6 und 21 Jahren. Sie leben ca. eine Autostunde abseits von Curahuasi in sehr ärmlichen Verhältnissen. Der Vater ist bereits vor 3 Jahren gestorben. Das Schicksal der Kinder bewegt uns sehr und wir fahren sie nun regelmässig besuchen um ihnen zu helfen. Auch wenn wir ein solch abscheuliches Verbrechen nicht verstehen können, halten wir daran fest, dass unser Gott "ein Vater der Waisen und ein Richter der Witwen" ist (Psalm 68). |
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Bild: Erster Besuch bei den sieben Waisenkinder kurz nach dem gewaltsamen Tod ihrer Mutter. Der Vater starb bereits vor 3 Jahren. |
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Bild: Die vier jüngeren von den sieben Kindern beim zweiten Besuch. Wir wollen schauen ob es nicht besser für sie wäre einen Platz im Waisenhaus von ALMA zu erhalten. |
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Zum Schluss noch eine erfreuliche Nachricht: Wie es aussieht können wir nächstes Jahr wahrscheinlich in den Monaten Juni und Juli einen Heimataufenthalt in der Schweiz planen. Wir freuen uns jetzt schon darauf und hoffen ganz viele von Euch persönlich zu sehen. Wir sind gerne auch bereit wo auch immer einen Vortrag über unsere Arbeit hier in Peru zu halten.
Mit herzlichen Grüssen aus Peru
Eure Familie Steffen
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Bild: Unser Nathan wurde am 7.7. zwei Jahre alt. |
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Bild: Diese zwei coolen Jungs bringen uns immer wieder zum Lachen. |
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Aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler, daß sie laufen und nicht matt werden, daß sie wandeln und nicht müde werden. Jesaja 40:31 |
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Spenden für unseren Lebensunterhalt: Konto-Nr.: CH92 0900 0000 8004 2881 3 SMG, Industriestrasse 1, 8401 Winterthur Verwendungszweck: Lukas + Claudia Steffen |
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